Tagebuch

 

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Durch den Schlamm der Demokratischen Republik Kongo (früher Zaire)
5 Tage für 125 km

Auszug aus dem Tagebuch

1. Tag:
Viermal ziehen wir Tom und John's Landrover aus einem Wasserloch. Das fünfte Mal passiert es. Eine steile Umleitung durch Bäume schaffen wir mit unserem Toyota problemlos, nicht aber ihr Landrover. Er versucht, durch das tiefe Schlammloch zu kommen und bleibt mitten drin stecken. Der Motor stirbt ab, das rote Schlammwasser dringt vorne ins Auto bis zu den Sitzen hoch und hinten in den Dieseltank rein. Jetzt hilft nur noch die Seilwinde. Die nächsten Stunden versuchen wir vergebens, den Motor wieder zum Laufen zu bringen. Unzählige Male ziehen wir den Landrover zwischen zwei Wasserlöchern vor- und rückwärts, doch der Motor stirbt immer wieder ab. Es wird Nacht. Wir übernachten am Rande der Piste. Sonderbare Tierlaute durchdringen die Stille.

Toyota schleppt Landrover ab
Strecke Komanda - Beni, Ost-Zaire

Schlammschlacht auf Transafrika-Hauptstrasse
  2. Tag:
Das Glück will es, dass heute ein holländischer Mechaniker auf einer Enfield mit Seitenwagen und Anhänger des Weges kommt. Er und seine Frau sind total mit Schlamm bespritzt. Sie haben das Motorrad jeweils durch den Schlamm gestossen und den Anhänger durch die Löcher getragen. Benno versucht den ganzen Tag, den defekten Motor des Landrovers wieder in Gang zu bringen. Er zerlegt dabei das halbe Auto, doch der Versuch scheitert. Jetzt wird guter Rat teuer. Die einzigen Auswege sind entweder Abschleppen oder Verladen auf einen Lastwagen. Zum Abschleppen erklärt sich niemand bereit, denn alle haben für das Durchkommen mit sich selbst genügend Probleme. Unsern Vorschlag, einen der beiden Engländer bis zum nächsten Dorf mitzunehmen, lehnen sie ab. Sie wollen zusammenbleiben.

(Der Zufall will es dann später in Nairobi/Kenia, dass wir dem Landrover genau in dem Moment begegnen, als seine Odyssee beendet ist und er auf einem Lastwagen-Anhänger in der Hauptstadt Kenias einfährt. Das Kongo (Zaire)- Abenteuer der Engländer war endlos: einmal hatte der Lastwagen einen Getriebeschaden und Ersatzteile mussten im 500 km entfernten Kampala, der Hauptstadt Uganda's, geholt werden; ein andermal kippte das Zugfahrzeug mit der ganzen 10-Tonnen-Kaffee-Ladung um, und zuguterletzt wurde an der Uganda-Grenze noch der somalische Beifahrer verhaftet, weil er keine gültigen Papiere hatte. Tom und John mussten ihn freikaufen).

3. Tag:
Von gestrandeten LKW-Fahrern hören wir, dass Richtung Beni 25 Lastwagen blockiert sein sollen. Emil inspiziert erst einmal die nächsten Wasserlöcher und kommt zum Schluss, dass wir mit unserer schweren Dachlast unmöglich durchkommen, ohne umzukippen. Das heisst, alle Kisten müssen vom Dach ins Auto geräumt werden. Wir schlittern dann förmlich durch den Schlamm und schaffen vorerst einmal die ersten kritischen Löcher und Schräglagen.

4. Tag:
Bei einem ganz brutalen Wasserloch sind ein englischer Bedford-Overlander und zwei Camions blockiert. Wir montieren vorsichtshalber unsere vier Schneeketten und schaffen es bis zur Mitte, als es wie aus Kübeln zu giessen beginnt und das Wasser bachartig daherströmt. Wir stecken mitten drin und bangen und hoffen, dass der Regen bald aufhört. Der Overlander schafft sich frei, dann tut sich für heute nichts mehr. Wohl oder übel müssen wir die Nacht an Ort und Stelle verbringen und stellen unser Kuppelzelt aufs Autodach.


Toyota allen voran


Auch Hochzeitsgesellschaften müssen durch
  5. Tag:
Vor der Dämmerung geht es bereits los: Frauen mit vollen Tragkörben, überladene Fahrräder mit Bananenstauden und neugierige Ziegen ziehen an unserem Auto vorbei. Es ist eine irre Situation, als sich später noch eine Prozession von weissgekleideten jungen Bräuten mit Gefolge singend einen Weg durch den roten Schlamm bahnt und ihr lieblicher Gesang sich mit den heulenden Motoren der Autos vermischt, die brutal die steile Schlammpassage raufgezwängt werden. Während die Durchfahrt immer noch von den beiden Camions blockiert ist, schaufeln wir in den Wasserlöchern Gräben, um das Wasser abzuleiten. Dann ist der Weg endlich geräumt und unser grosser Moment ist gekommen. Die Schneeketten wirken wunder: ziemlich problemlos schaffen wir dann noch die restlichen kritischen Passagen und atmen erlöst auf. Das Trauma ist vorbei.
 
Zum 1. Kongo-Bericht: Von Kinshasha nach Kisangani - 21 Tage auf dem Kongo-Fluss