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Bewaffneter Überfall in Malawi am 31.7./1.8.2015
@ Safari Beach Lodge Camping, 12km südlich von Nkhotakota am Malawi-See
 
 
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 Südliche Afrika-Karte

Malawi

 

 

 

letzte Foto: 1. August 2015

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Ein mit Pistolen bewaffneter Überfall mitten in der Nacht auf einem normalen Camping in Malawi
 
Wie es geschah:
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
801  31.7.2015: Am Abend steigt mit
einem orange-roten Ball der Vollmond
am Malawi-See auf
802  Kurz nach Mitternacht beginnt der
Alptraum des bewaffneten Überfalls: Verbogenes Gitter und eingeschlagene
Scheibe auf der linken Seite …..
803  ….. dasselbe auf der rechten Seite
Der grosse orange-rote Ball des Vollmonds steigt auf und widerspiegelt sich wundervoll im ruhigen Wasser des Malawi-Sees - es ist eine traumhafte Stimmung an diesem 31. Juli 2015. Wir campen allein bei der Safari Beach Lodge in Nkhotakota auf einem kleinen Wiesenplatz direkt oberhalb des weissen Sandstrands, umgeben von Rundhütten und einem Zimmer-Komplex. Ein paar Stunden später, etwa fünf Minuten nach Mitternacht, wird vom Traum ein Alptraum. Wir erwachen vom Licht von Taschenlampen, die unsern LandCruiser rundherum ableuchten. Sind es die Nachtwächter? Emil öffnet die Hecktüre einen Spalt und ruft: “Was ist los?” In diesem Moment will jemand mit Gewalt die Klappe hoch reissen. Da merkt er, dass etwas nicht stimmt. Er schlägt sie zu und wir verriegeln rundherum von innen. “Money” fordert nun eine Stimme. Man zerrt an unseren Türen und wir hören, wie man sich mit einem Brecheisen und aller Gewalt an den Fenstergittern zu schaffen macht. Dann fällt ein Schuss. Durch schon weggebrochene Gitterstäbchen händigen wir alles Geld aus, das wir vor ein paar Tagen von einem ATM in Lilongwe bezogen haben (ca. Kwachas 100’000 ~€210). Mehr haben wir nicht; doch sie wollen mehr. Während der ganzen Zeit schreien wir um Hilfe, denn wir wissen, dass die Rondavels und Hotelzimmer rund um uns herum besetzt sind. Doch niemand regt sich. Ein zweiter Schuss fälllt. Dann klirrt Glas und es regnet Glassplitter auf unsere Schlafsäcke. Und jetzt blicken wir durch die schon stark beschädigten Gitter in den Lauf einer Pistole, der sich direkt auf Emil’s Kopf richtet. Er weicht blitzartig zur Seite, worauf ein dritter Schuss fällt. Wie durch ein Wunder streift die Kugel nur seinen Unterarm und durchlöchert dann sein Daunenkissen. Spätestens jetzt wissen wir, dass wir keine Chance haben, uns im LandCruiser zu verschanzen, dass wir aussteigen müssen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
804  Der Schuss ins Auto streift
gottlob nur Emil’s Unterarm, anstelle
des anvisierten Kopfes …..
805  ….. die Kugel durchlöchert
sein Daunenkissen
806  Dokumente und Ausweise, Kleider
und der Inhalt unseres Necessaires
liegen verstreut auf dem Boden
Emil ist der erste, der das Auto verlässt. Er wird sofort aufgefordert, neben die zwei Nachtwächter zu knien, die schon bei unserem Auto kauern. Ihre Hände sind auf den Rücken gebunden und anscheinend – das hat Emil aber nicht bemerkt – sollen sie auch an den Füssen gefesselt gewesen sein (zumindest geben sie dies später der Polizei zu Protokoll). Da ich noch zögere auszusteigen, zieht mich einer an den Beinen raus und zerrt an meinem Slip. Beim rausfallen reisse ich mich los und renne einfach in die Dunkelheit, immer noch um Hilfe rufend. Jeder der NGO-Gruppe “Habitat” aus Salima in den Zimmern und Rondavels nebenan muss die Schüsse und Hilferufe gehört haben, doch keine Tür öffnet sich (am Morgen entschuldigt sich dann ein älteres Paar und zwei Frauen übergeben uns etwas “Überbrückungsgeld”). “Bist Du OK?” höre ich plötzlich Emil’s Stimme neben mir. Mir fällt ein Riesenstein vom Herzen – es ist ihm nichts passiert! “Nachdem ich Dich wegrennen sah, tat ich für die Banditen völlig überraschend dasselbe” eröffnet er mir. Den ganzen Inhalt des LandCruisers hat er den Kriminellen überlassen. Als Emil sich vorsichtig zurück wagt, sind sie am wegrennen. Nach unserer Flucht haben sie offenbar an sich gerissen, was sie konnten und sind dann in aller Eile geflüchtet, ein heilloses Durcheinander hinterlassend. Auch die beiden Wächter, nur noch die Hände gefesselt, laufen davon. Wer hat ihre Füsse entfesselt? Rund um das Auto liegen der Inhalt des Necessaires, Kleider, sowie gottseidank auch die Pässe und Dokumente. Auch alle persönlichen Ausweise inkl. das Carnet liegen am Boden. Etwas weiter entfernt finden wir unsere Kreditkarten im Sand (nur die MasterCard fehlt). Meine Nikon-Kamera ist ebenfalls weg. Emil’s Panasonic ist noch da. Schlimm ist, wie brutal die vier Typen unseren LandCruiser herrichteten: Verbogene Fensterrahmen und kaputte Gitter und Fenster.
 
 
 
 
 
 
807  Seite 1 des handgeschriebenen
Polizeirapports am Morgen
des 1. August 2015 …..
808  ….. Seite 2
809  Offizieller Rapport, den wir am
3. August auf dem Polizeiposten in
Nkhotakota erhalten; der ganze Überfall
wurde wahrscheinlich aus touristischen
und politischen Gründen heruntergespielt
Mit dem Fortlaufen der Nachtwächter stehen wir alleine wie traumatisiert da. Unsere Angst ist, dass die vier Typen (zwei mit Pistolen bewaffnet) jeden Moment zurückkehren könnten, um ihre “Arbeit” ganz zu erledigen. Irgendwann tauchen die beiden Nachtwächter mit Travor, dem Hotelmanager aus der benachbarten Lodge auf. Dieser alarmiert sofort die Polizei und rät uns, wegen der Spurensicherung nichts zu berühren. Es ist kurz vor 1 Uhr morgens des 1. August, unseres Schweizer Nationalfeiertags. Eine Stunde später ist immer noch keine Polizei da. “Ihr Auto läuft nicht. Sie besorgen sich eines ihrer Freunde” vertröstet uns der Manager. “Sie hätten aber alle Strassensperren informiert”. Um 4 Uhr früh sitzen wir immer noch in der Kälte der Nacht. Der Manager glaubt nun selber nicht mehr daran, dass die Polizei vor dem Morgen erscheinen wird und offeriert uns ein Zimmer. Wir entscheiden, dass ich mich dort hinlege und Emil im Auto bleibt, nachdem wir alles eingesammelt und die Tausenden von Glassplittern so gut wie möglich von unserer Schlafstätte entfernt haben. Beide finden jedoch keine Sekunde Schlaf; zuvieles dreht sich im Kopf. Um 6 Uhr, als die Sonne mit einem roten Ball aufsteigt, sind wir wieder auf den Beinen. Kurz darnach taucht einer der Angestellten mit meiner Fotokamera auf – er habe sie im Busch gefunden, vermutlich haben die Gauner sie bei der Flucht verloren. Wenig später taucht auch die vermisste MasterCard-Kreditkarte wieder auf.
 
 
 
 
 
 
 
 
810  Der friedliche Sonnenaufgang am
Malawi-See am Morgen danach ist wie
Balsam auf unsere Seele – wie schön kann
doch alles sein, speziell am frühen Morgen
811  Die Notreparatur in der
Werkstätte der Pottery Lodge:
Sperrholz wird angepasst …..
812  ….. das Fenster wird wieder
 in den Rahmen eingesetzt
Es ist bereits 10 Uhr als wir und die beiden Wächter den vier Polizisten – einer mit einer grossen Knarre und ein anderer mit einer Kamera – den Tathergang des bewaffneten Überfalls wiedergeben. Fotos werden vom beschädigten Auto gemacht und ein handschriftliches Protokoll wird erstellt, das Emil unterzeichnen muss und welches wir entgegenkommenderweise fotografieren durften. “Am Nachmittag sei es in getippter Form auf dem Polizeiposten in Nkhotakota abholbereit”, heisst es. Denkste! Auch am Montag, 3. August, ist noch nichts gemacht. “Der Rapport würde US$50 kosten – das ist der Preis in Malawi – eröffnet man us. “Wir haben keine Versicherung für die wir es benötigen würden, also lassen wir es sein” entgegnen wir. Der Chef lenkt dann ein und zwei Stunden später haben wir das Papier kostenlos in den Händen, jedoch vom handschriftlichen Rapport stark abgeschwächt und nur generell gehalten.
 
Die Notreparatur:
 
Emil biegt und hämmert die Fensterrahmen soweit zurecht, dass wir wenigstens die beiden Türen wieder schliessen können. Am Montagnachmittag, 3. August, nimmt sich dann die Werkstatt der Pottery-Lodge nebenan, zu der auch die Safari Beach Lodge gehört, kostenlos unserem Schaden an: Die kaputten Scheiben werden mit 4mm-Sperrholz temporär ersetzt, bis wir “irgendwo” eine Glaserei finden. Die Aufhänge-Vorrichtungen der Gitter wird wieder gerade gebogen und angebracht und die Gitter einigermassen zusammengeschweisst. Alles sieht nun trotzdem ziemlich “reparatur-bedürftig” aus, ist aber besser als gar nichts.
 
 
 
 
 
 
813  Das Gitter werden geschweisst
und in Form gebracht …..
814  ….. zu Dritt wird es wieder in die
neu aufgeschweisste Aufhängung
gezwängt – alles ist nur provisorisch!
815  Provisorisch fertig: Bis wir irgendwo
eine “Glas-Lösung” finden, muss
das Sperrholz genügen
Offene Fragen und Gerüchte:
 
Waren die Wächter am Überfall beteiligt? Wer hat ihre Beinfesseln gelöst?
 
Eine Gerüchte-Version lautet, dass die Angreifer ein “spezielles” Auto gesucht hätten, mit Leuten mit viel Geld.
 
Eine andere Variante tippt auf die Polizei, die mit solchen Aktionen bewirken will, dass die Lodges und Resorts einen bewaffneten Polizeibewacher für 10’000 Kwachas (~€21) während der Nacht anstellen sollen.
 
Jemand meinte auch, dass der Überfall auf uns nur dem Umstand zu verdanken sei, weil sie uns zuerst bemerkten. Eigentlich sollte in erster Linie die Habitat-NGO-Gruppe ausgeraubt werden.
 
Wir schliessen auch nicht aus, dass jemand aus den Siedlungen entlang dem 4km langen, recht schlechten Zufahrtsweg beteiligt gewesen sein könnte. Als wir am Freitagnachmittag zur Lodge fuhren, war das Stimmungsbarometer uns gegenüber nicht gerade auf Willkommen gestellt wir hatten das Gefühl, die Anwohner würden eher abweisend wirken. Auf alle Fälle schrieen die vielen Kinder immer gib mir Geld!
 
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